Eine Treibhausgasbilanzierung des Tourismus ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Klimamanagement in Destinationen. Eine Pilotgruppe von 10 Destinationsmanagementorganisationen (DMOs) hat sich daher im vergangenen Jahr unter dem Schirm der Exzellenzinitiative Nachhaltige Reiseziele zusammengeschlossen, um gemeinsam einen Pilotprozess zur Bilanzierung durchzuführen. Als Ergebnis liegen nun Baseline-Berechnungen der Klimabilanzen für zwei Referenzjahre vor, die als datenbasierte Entscheidungsgrundlage für die Ableitung von Klimaschutzmaßnahmen genutzt werden können.
Das Pilotprojekt
Unter Koordination der Geschäftsstelle der Exzellenzinitiative Nachhaltige Reiseziele, angesiedelt bei der TourCert gGmbH, und gemeinsam mit der Nachhaltigkeitsberatung reCET create.empower.transform hat die Pilotgruppe in einem etwa 6-monatigen Prozess einen Bilanzierungsansatz angewandt, der unter anderem bereits in Destinationen wie Valencia, Barcelona und in der Wattenmeer-Region erprobt wurde. Der Pilotprozess wurde dabei über die Destinationen eigenständig in Gemeinschaft finanziert.
Die Methode: Bottom-Up
Bei der nachfragebasierten „Bottom-Up“ Methode werden Emissionen abgebildet, die durch die Inanspruchnahme von touristischen Leistungen in der Destination entstehen. Dafür werden Inputdaten (z.B. Gäste, die mit dem PKW anreisen) mit spezifischen Emissionsfaktoren (z.B. kg CO2e/pkm) zusammengeführt. Ziel war neben der Baseline-Erhebung der Treibhausgasemissionen auch die Identifikation der Verfügbarkeit der Daten in den unterschiedlichen Destinationsarten.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Treibhausgasemissionen der Destinationen mit dem Bottom-Up-Ansatz bereits jetzt sinnvoll und umfassend bilanziert werden können, auch wenn die Belastbarkeit der Daten noch optimiert werden muss. Primärdaten (z.B. durch regelmäßige Gästebefragungen) können die Datenverfügbarkeit und -qualität in Zukunft noch erheblich verbessern.
Positionspapier: Klare Forderungen an die Politik
Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Pilotprozess wurden in der Gruppe gesammelt und in einem Positionspapier an die Politik zusammengetragen, das folgende vier Kernforderungen umfasst:
1. Methodik: Die Erkenntnisse aus bisherigen Pilotprozessen und der Wissenschaft sollten dafür genutzt werden, um sich zu Erhebungsmethoden zu bekennen.
2. Datenerhebung: Sofern möglich, sollte eine zentrale Datengenerierung durch Grundlagen-untersuchungen und bundesweite Befragungen verfolgt werden.
3. Finanzielle Unterstützung: Datengewinnung und destinationsspezifische Erhebungen sind kostenintensiv. Die Politik sollte dafür Finanzierungsmöglichkeiten schaffen.
4. Nächste Schritte zur Klimaneutralität: Es ist Aufgabe des Bundes, Klarheit über den Weg zur Klimaneutralität des Tourismus in Deutschland zu schaffen. Sektorziele müssen branchenspezifisch übersetzt werden.
Das Positionspapier ist hier abrufbar.
Das Fazit der Geschäftsstelle der Ezellenzinitiative Nachhaltige Reiseziele fällt positiv aus:
„Wir freuen uns sehr über das erfolgreiche Pilotvorhaben und hoffen, damit eine Blaupause für Folgeprozesse gesetzt haben zu können. Unser Positionspapier zeigt eindeutig auf, wo aktuell noch Stellschrauben sind, an denen wir arbeiten müssen – dafür benötigen wir auch die Politik,“ betont Cilia Mayer, Koordinatorin der Exzellenzinitiative Nachhaltige Reiseziele. „Mit der Bilanzierung ist es aber natürlich auch noch nicht getan. Aktuell prüfen wir, wie ein gemeinsamer Anschlussprozess zu Zielsetzungen und Maßnahmenableitung mit Minderungspotenzialanalyse gestaltet werden kann.“
Sechs Partner der Exzellenzinitiative Nachhaltige Reiseziele und vier weitere Destinationen, die über die Landes-Partner aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gewonnen werden konnten, waren Teil des Pilotprojektes: